eine Auswahl
Hassan Balasim (Irak/Finnland) - "Flüchtling im Paradies namens Europa" Januar 2016
Flüchtling im Paradies namens Europa
Du entfliehst dem Tod.
Sie schlagen dich an der Grenze.
Sie beleidigen dich in rassistischen Zeitungen.
Sie screenen den Leichnam deines Kindes im Fernsehen.
Sie kommen zusammen und reden über deine Vergangenheit und deine Zukunft.
In ihren Kunstwerken malen sich dich ertrinkend.
Sie stecken dich in ihre Museen und applaudieren.
Sie beschließen dich nicht mehr zu schlagen, sondern eine militärische Einheit zu gründen,
um mit dir fertig zu werden.
Wissenschaftler erhalten neue Fördergelder, um Körper und Seele von dir genauer zu untersuchen.
Nach einem außerordentlichen Meeting trinken Politiker Rotwein und diskutieren über dein Schicksal.
Sie konsultieren die Geschichte, um eine Antwort auf die Situation deiner Tochter zu finden, die in der Waldeskälte erfriert.
Neo-Nazis beleidigen dich und brennen dein Haus nieder.
Neo-Faschisten erobern auf deinen Schultern ihren Weg in die Parlamente.
Du bist der Albtraum für Alt und Jung.
Krokodiltränen weinen sie über all deinem Leid.
Sie kommen aus ihren Häusern, um zu demonstrieren und Mauern zu bauen.
Grüne Aktivisten hängen Bilder von dir in die Straßen.
Andere sitzen auf ihrem Sofa herum, machen müde Kommentare über dein Facebook-Bild und gehen schlafen.
Sie entkleiden dich deiner Menschlichkeit in Debatten, die intelligent sind wie Minenfelder und scharf wie Messer.
Heute machen sie dich nieder mit ihren Worten und, mit ihrem Egoismus bewaffnet, löschen dich aus am nächsten Morgen.
Sie erhoffen sich mittels deiner Tragödie, ihr Menschsein wiederzufinden.
Erst bringen sie dich in ihr Paradies, dann peitschen sie dich aus, Tag und Nacht, mit ihren Schrecken, wenn sie in deine Augen schauen, die vor Furcht und Hoffnung glänzen.
Die Vergangenheit geht schlafen und erwacht in deinem Innern.
Die Gegenwart verschlingt dich.
Du machst Kinder für ihr Paradies und wirst alt.
Du stirbst.
(Aus dem Arabischen von Stephan Milich)
Mahmud Darwisch - Die vorletzte Rede des ‚Native American‘ vor dem weißen Mann* Dezember 2022
Habe ich „Tote“ gesagt?
Da ist kein Tod,
Nur das Wandeln zwischen den Welten
(Duwamish Chief Seattle)
1
Wir sind noch wir, hier am Mississippi, und uns gehört, was uns von gestern blieb,
Doch die Farbe des Himmels ist eine andere, und das Meer im Osten, Herr der Weißen, ist ein Anderes! Herr der Pferde, was willst Du von jenen,
die sich aufmachen zu den Wäldern der Nacht?
Hoch im Himmel weilen unsere Seelen und die Weiden sind geheiligt. Die Sterne
Sind Worte, die erleuchten… betrachte sie und Du kannst unsere lange Geschichte darin lesen:
Hier sind wir geboren zwischen Wasser und Feuer… und wir werden neu geboren werden
In den Wolken, an den Rändern der azurblauen Küste, nach dem Tod… schon bald.
So töte das Gras nicht weiter, denn es hat in uns eine Seele,
die die Erdenseele hegt.
Herr der Pferde, lehre Dein Pferd, die Natur um Verzeihung zu bitten
Für das, was Du unseren Bäumen angetan hast:
Ach, Bruder Baum
Dich haben sie wie mich gequält
So bitte nicht um Erbarmen für den Holzhauer,
Der meine und Deine Mutter fällte.
2
Der Herr der Weißen wird die alten Worte nie verstehen
Hier in den Seelen, die frei umherwandeln zwischen Himmel und Bäumen
Lass Kolumbus, frei wie er ist, in irgendeinem Meer sein Indien finden, es ist sein Recht!
Und sein Recht ist’s, unsere Geister nach Gewürzen zu benennen, oder eben ‚Inder‘. Auch mag er Doch die Kompassnadel brechen, um seinen Kurs zu begradigen und die Wirrungen der nördlichen Winde auszugleichen. Doch jenseits seiner engen Kartenwelt kann er nicht glauben, dass
Menschen gleich sind
wie das Wasser
wie die Luft
Und dass sie gleich geboren werden wie die Menschen in Barcelona, mit dem Unterschied,
Dass sie den Gott der Natur in allen Dingen ehren, und nicht das Gold. Kolumbus sucht nach einer Sprache, die er hier nicht fand. Er sucht nach Gold in den Schädeln unserer guten Vorfahren.
Und er bekam, was er verlangte
An Lebendigem und Totem von uns.
Warum also führt er diesen Vernichtungskrieg noch aus dem Grab
heraus bis ans Ende?
Wir sind nur noch Dekor für die Vernichtung und leichte Federn auf
Dem Kleid der Seen. Siebzig Millionen Herzen zerrissen, das wird reichen,
Und das reicht, dass Du von unserem Tod als König wiederkehrst
auf dem Thron der neuen Zeit.
Wär‘ nicht jetzt die Zeit gekommen, sich zu begegnen zur gleichen Zeit,
Am gleichen Ort, so wie sich Fremde begegneten
über dem Abgrund?
Uns das, was unser ist…und unser auch, was euch gehört an Himmel
Euch das, was euer ist…und euch auch das, was uns gehört an Luft und Wasser
Uns die Steine und euch das Eisen
Tritt näher, damit wir das Licht in der Kraft des Schattens teilen, und nimm von der Nacht
Was Du willst, doch lass uns zwei Sterne, damit wir unsere Toten in den Himmelssphären
Begraben können, nimm was Du willst vom Meer, und lass für unseren Fischfang uns
Zwei Wellen nur.
Nimm das Gold der Erde und der Sonne, lass uns die Erde unserer Namen
Dann geh zurück zu Deinen Leuten, Fremder, und suche Indien noch einmal.
3
Unsere Namen, Bäume aus den Worten Gottes und Vögel, die höher fliegen als
Gewehre. Ihr, die ihr kommt im Kriege übers Meer
Fällt die namenspendenden Bäume nicht,
Jagt eure Pferde nicht wie Flammen über die Ebenen
Ihr habt Euren Gott, und wir den unsrigen, wir haben unsere Religion, und ihr habt eure
Begrabt Gott nicht in Büchern, die euch Land auf unsrem Land verhießen,
Wie ihr behauptet. Macht Euren Gott doch nicht zum Pförtner vor dem Palast des Königs.
So nehmt unserer Träume Rosen, damit ihr sehen könnt, was wir an Freude sahen
Und findet Schlaf im Schatten unserer Weiden, damit ihr fliegen könnt wie Tauben
Wie einst unsere guten Ahnen flogen, und heil und friedvoll wiederkehrten.
Nichts wisst ihr Weißen davon, wie es ist, vom Mittelmeer fortziehen zu müssen
Nichts wisst ihr von der Einsamkeit der Ewigkeit in einem Wald,
der nicht auf einen Abgrund blickt
Nichts wisst ihr von der Weisheit, die aus Niederlagen stammt, vom Rückschlag
durch den Krieg
Nichts wisst ihr von einem Fels, der nicht dem schnellen Strom des Zeitenflusses hörig ist
Nicht kennt ihr eine Stunde, in der euch einmal Zeit genug blieb irgendetwas zu betrachten,
damit in euch ein Himmel, den die Erde bräuchte, reifen kann.
Ihr zaudert niemals, wenn ihr euch
zwischen dem einen und dem anderen Weg entscheiden müsst
Eines Tages wird euch auch Euripides sehr fehlen und auch die Dichtungen der Kanaaniter
und Babylonier, Salomons Lieder über Sulamith,
Und auch die Lilie für die Sehnsucht, ach Ihr Weißen, wird euch fehlen und die Erinnerung daran, wie Die Pferde des Wahns zu zähmen wären,
Ein Herz, das sich an Felsen reibt, um sie im Ruf der Violinen blank zu schleifen.
Nie habt ihr die Verwirrung des Revolvers gekannt, doch wenn ihr uns schon töten müsst, so
Lasst die Lebewesen, die uns Freund sind, wenigstens am Leben, und tötet auch nicht
unser Gestern.
Ein Waffenstillstand mit unseren Geistern wird euch fehlen
in den klirren Winternächten,
Eine weniger helle Sonne, ein nicht ganz so voller Mond, damit das
Verbrechen nicht so grell erstrahlt auf den Leinwänden der Kinosäle,
Nehmt euch Zeit, um Gott zu töten.
4
Wir wissen, was diese vielsagende Dunkelheit uns verbirgt
Einen unser Salz hinabgleitenden Himmel, der den Geist besänftigt.
Eine Weide, die auf des Windes Zehenspitzen wandelt, und ein Ungeheuer,
Das ein Königreich gründet in den Ritzen der versehrten Welt…
Meer, das das Holz unserer Türen mit Salz bestreut.
Bevor sie erschaffen ward‘, wog die Erde nicht schwerer, doch dieses,
Was wir nun erfahren, wir kannten es vor der Zeit und die Winde
werden uns von unserem Anfang berichten und dem Ende,
Aber heute bluten wir unsere Gegenwart und
Begraben unsere Tage in der Asche der Legenden, Athene ist nicht unser,
Und wir erkennen eure Tage am Rauch dieses Ortes,
Athene ist nicht euer, wir wissen genau, was das Metall,
Welches die Gegenwart beherrscht, für uns gerichtet hat, für Götter, die das Salz in unserem
Brot nicht schützen konnten. Auch wissen wir gut, dass die Realität mächtiger ist als das Recht,
Und dass Zeiten sich stets ändern und noch mehr, seitdem es diese Waffen gibt. Wer erhebt also Unsere Stimmen zu den regenarmen Wolken? Wer reinigt, wenn wir nicht mehr sind, das Licht? Wer Haust in unserem Tempel? Wer bewahrt unsere Bräuche vor diesem metallenen Brüllen? „Wir Verkünden euch die Zivilisation“, sprach der Fremde, und er sagte:
„Ich bin Herr über die Zeit, gekommen, um von euch dies‘ Land zu erben.
So stellt euch Leiche für Leiche vor mir auf, damit ich euch gut zählen kann
über dem Wasser des Sees.
„Ich verkünde euch die Zivilisation“, sprach er, so grüßt das Evangelium und geht,
Damit Gott nur mir allein gehört, denn tote Indianer sind besser für Gott unseren Herrn im Himmel als lebendige. Denn der Gott ist weiß, und der Tag ist weiß: Ihr habt eure Welt,
wir haben unsere… der Fremde spricht seltsame Worte, in die Erde
Gräbt er einen Brunnen, um den Himmel darin zu begraben. Seltsame Worte spricht er und jagt
Nach unseren Kindern und den Schmetterlingen. Fremder, was hast du unserem
Garten versprochen, Blumen aus Zink, die schöner seien als unsere Blumen?
Dein Wille geschehe, doch weißt Du auch, dass die Gazelle vom Gras nicht frisst, das in Berührung kam mit unserm Blute?
Und weißt du denn, dass die Büffel unsere Geschwister sind, Fremder, dass all die
Pflanzen uns Geschwister sind?
Grab nicht noch tiefer!
Verletze nicht die Schildkröte, auf deren Rücken diese Erde schlummert, Großmutter Erde. Unsere Bäume sind ihr Haar, ihre Blumen unser Schmuck.
“Kein Tod hier auf Erden”, so zerstöre nicht ihre zarte Gestalt
Zerbreche nicht die Spiegel ihrer Gärten, erschreck‘ sie nicht, tu ihr nicht weh!
Unsere Flüsse sind ihre Taille, und ihre Enkel sind sowohl wir als auch ihr, so tötet sie nicht…
Wir werden bald gegangen sein, nehmt also unser Blut und lasst sie
Wie sie ist
Das Schönste was Gott je schrieb über den Wassern
für ihn, für uns
Im Wind vernehmen wir die Stimmen unserer Ahnen, wir lauschen
Ihrem Pulsschlag in den Knospen unserer Bäume
Diese Erde ist unsere Großmutter
Alles auf ihr ist geheiligt, Stein um Stein, diese Erde ist eine schützende Hütte
Für die Götter, die mit uns wohnen, Stern um Stern, und die uns erhellte
Die Nächte des Gebets… barfuß schritten wir um die Seele der Steinchen zu spüren
Nackt gingen wir, damit die Seele uns umhüllt, die Seele der Luft, wie Mädchen, die uns die Geschenke der Natur bereiten, denn unsere Geschichte ist ihre Geschichte. In dieser Zeit ward uns Zeit gegeben, auf ihr geboren zu werden, und so kehren wir von ihr zu ihr zurück: Wir geben unserer
Erde ihre Geister wieder, Geist für Geist,
Wir verwahren die Erinnerung an unsere Lieben in Krügen
Mit dem Salz und dem Öl, und ihre Namen hingen wir an die Wasservögel
Wir waren hier die ersten und brauchten kein Dach zwischen Himmel und unseren blauen Türen
Auch fraß kein Pferd das Gras auf den Wiesen unserer Hirsche
Es gab da keine Fremden, die in die Nacht unserer
Frauen eindrangen
So lasst dem Wind die Flöte
Sie wird um die Menschen dieses verwundeten Ortes weinen…
Und morgen um euch
Und morgen um euch.
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Wir nehmen Abschied von unserer Flamme und entgegnen eurem Gruß nicht mehr… keine Dekrete
Erlasst für uns von eurem neuen Gott, dem Gott aus Stahl, und keine Waffenruhe
Verlangt von den Toten, denn keiner von ihnen ist noch hier,
Der euch Friede mit der Seele und den Anderen verkünden könnte.
Lange sind wir hier gewesen und länger noch hätten wir hier unser Leben gehabt, ohne
Englische Gewehre und französischen Wein, ohne die Grippe
Wir lebten wie zu leben war, gemeinsam mit Hirsch und Reh
Erzählten uns Generation um Generation unsere Worte, unsere Taten
Wir reichten euch zur Gabe die Unschuld und die Gänseblümchen.
Ihr habt euren Gott und wir den unseren, ihr habt euer Gestern und wir das unsrige
Die Zeit ist ein Fluss, der, wenn wir ihn betrachten, in uns zum Weinen kommt
Habt ihr nicht ein paar Verse im Herzen bewahrt, um Einhalt zu gebieten den Massakern?
Seid ihr nicht von Frauen geboren? Seid ihr nicht, wie wir, von euren Müttern mit der Milch der Liebe gestillt? Stülpt ihr euch nicht wie wir Flügel über,
um die Schwalben zu jagen. Wir brachten euch Kunde vom Frühling, also richtet
Eure Gewehre nicht auf uns!
Wir könnten Geschenke austauschen und uns gegenseitig Lieder singen
Hier lebte mein Volk. Hier starb mein Volk. Hier standen die Kastanienbäume,
Die unsere Geister bargen. Und eines Tages wird mein Volk als Luft, als Licht, als Wasser
wiederkehren.
Nehmt euch also meiner Mutter Land mit eurem Schwerte.
Doch werde ich nicht mit meinem Namen
Den Friedenspakt zwischen Ermordetem und Mörder unterzeichnen, werde dem Ausverkauf keiner Einzigen Dorne, die die Maisfelder umgibt, zustimmen, wohl wissend, dass ich diese
Sonne nie mehr sehen werde, ich hülle mich in meinen Namen und falle in den Fluss, und weiß dabei, Dass ich zu meiner Mutter Herzen wiederkehren kann,
Dass Du, Herr über die Weißen, in Deine Zeit eintreten kannst, errichte also über meiner Leiche
Deine groben Freiheitsstatuen und ritze das Stahlkreuz
In meinen Schatten aus Stein.
Bald werde ich die Höhen des Liedes erklimmen, gesungen von all jenen
Selbstermordeten Menschengruppen, von der Geschichte in die Weiten zerstreut,
In sie werde ich die Vogelstimmen entlassen: hier siegten die Fremden über das Salz,
Und das Meer vermischte sich mit den Wolken, und die Fremden siegten
Über die Schalen des Weizens in uns, hier legten sie Kabel für Telegraphen und Strom
Hier starb der Adler tief verzweifelt, hier siegten Fremde
Über uns, und nichts bleibt mehr für uns in dieser neuen Zeit.
Hier verdampften unsere Körper, Wolke für Wolke, in die Luft.
Hier leuchten unsere Seelen auf, Stern für Stern, in den Weiten des Lieds.
6
Viel Zeit wird noch vergehen, bis unsere Gegenwart wie wir der Vergangenheit angehören wird.
Doch zuvor werden wir zugrunde gehen und die Bäume, die uns kleiden, verteidigen und die Glocken Der Nacht hüten wie den Mond, den wir uns über unsere Hütten wünschen, wir werden verteidigen: Den Leichtsinn unserer Gazellen, den Lehm unserer Töpfereien und unsere Federn in den Flügeln der Letzten Lieder. Bald schon werdet ihr eure Welt auf der unsrigen errichten: der Weg führt euch von Unseren Grabstätten direkt zum künstlichen Mond, in der Zeit der Industrien, der Zeit der Metalle, in Der aus Kohle der Champagner der Mächtigen sprudeln wird…
Da sind Tote und Siedlungen, Tote und Bulldozer, Tote und Krankenhäuser, Tote und Radarbildschirme, die die Toten erfassen, die zeitlebens mehr als einmal sterben, die nach dem Tod Noch leben. Tote, die das Monster der Zivilisation als Toten züchten und Tote, die sterben, um diese Erde über die Überreste der Leichen zu heben…
Wohin, Herr der Weißen, bringst Du meine und deine Leute?
In welchen abgrundtiefen Abgrund führt dieser Roboter mit seinen Kampfjets und Flugzeugträgern Diese Erde? Welchen klaffenden Abgrund ersteigst Du noch? Ihr bekommt, was ihr wollt:
ein neues Rom, ein hypertechnisiertes Sparta
samt seiner Ideologie des Wahns
Und wir werden einer Zeit entfliehen, für die unsere Ängste noch nicht gewappnet waren,
Wir werden ins Land der Vögel ziehen als Schar einstiger Menschen und auf unser Land Herabschauen durch Geröll und Wolkenlöcher, herabschauen durch Sternenworte und die Winde Über den Seen, herabschauen durch den zarten Flaum der Maispflanzen, durch die Blume am Grab, Durch die Blätter der Pappel, durch alles, was, o Weiße, euch dann belagern wird: die verstorbenen Toten und die lebenden, die Toten, die wiederkehren und jene, die das Geheimnis offenlegen.
So gewähre dieser Erde ein wenig Aufschub, um die Wahrheit über euch und über uns zu sagen,
Die ganze Wahrheit über uns.
Die ganze Wahrheit über euch.
7
Die Toten schlafen schon in Räumen, die ihr erschaffen werdet,
Die Toten besuchen ihre Vergangenheit an Orten, die ihr dabei seid zu zerstören,
Die Toten überqueren Brücken, die ihr erbauen werdet
Die Toten erleuchten die Nacht der Schmetterlinge, die Toten
Kommen im Morgengrauen
Um mit euch ihren Tee zu trinken, friedlich
Wie eure Gewehre sie zurückgelassen haben,
Also lasst, die Ihr zu Gast seid hier an diesem Ort,
Ein paar Stühle unbesetzt für eure Gastgeber, damit sie Euch
Die Bedingungen für einen Frieden mit den Toten verkünden.
* erschienen in: Lichtungen 172, Dezember 2022, 103-112.
(Aus dem Arabischen von Stephan Milich)
Gedichte Nada Yousif - Dichten im Antlitz der Auferstehung
Flasche
Ich bin eine Frau
der die Kriege lehrten
ohne Verlangen nach Sonne zu
schlafen
Denn das Tageslicht auf ihrer Erde
gleicht ihrer Dunkelheit
und der Friede ähnelt einer Flasche
Parfum,
die man den Reichen schenkt.
Mein Schmerz aber
ist ein Geschenk von Vater
der über ihn sagte
sein Name sei Heimat.
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(Aus dem Arabischen von Stephan Milich.)